2015 02 Bericht Theresa Pao

Theresa Pao und Hans Kohlmann - Februar 2015 in Praia.

Ankunft in Praia um Mitternacht bei starkem Wind, der erst nach zehn Tagen abflaut. Februarwinde, wie ich lerne.

Ich bin mit Dr. Hans Kohlmann gemeinsam angekommen und wir wurden von Fernando und Luis herzlich begrüßt. Meine Bleibe für die nächsten drei Wochen war das Hotel „Santa Maria“ auf dem Plateau. Für mich war es geradezu perfekt, denn in zehn Minuten Fußweg , mit Unterbrechung beim Cafe Sofia, um mir einen Espresso zu gönnen, ich habe in Praia nur ausgezeichneten Espresso getrunken, war ich im Krankenhaus. Am Freitag wurde ich von den drei Herren Fernando, Luis und Hans abgeholt und zu meinem Arbeitsplatz begleitet. Nach der Vorstellung in der Direktion ging es in den OP und in die Aufbereitung. Dr. Kohlmann hat mich stets fürsorglich betreut und er wurde von den Mitarbeitern in Praia auf das Herzlichste begrüßt. Da ich am ersten Tag schon das Gefühl hatte, dass mir die Zeit davonrennt, ist es mir gelungen, für den Samstag ein paar Stunden Arbeitszeit zu bekommen. Mit Schwester Conceicao, OP-Chefin, Amilcan, OP-Gehilfe, und Samantha, meiner großartigen Dolmetscherin, haben wir das Magazin im OP-Bereich umgekrempelt, in der Hoffnung, den Raum ausräumen zu können, damit er den dringend notwendigen Anstrich und einen neuen Boden bekommt. Wir haben fünfzehn große Müllsäcke mit zum Teil 1998 abgelaufenen Artikel gefüllt, die Regale geschrubbt, den Staub entfernt, die brauchbaren Artikel geordnet und beschriftet.

Wir waren ziemlich zufrieden an diesem Samstag. Leider ist bis zu meiner Abreise nichts weiter geschehen. Es gibt kein Geld für einen Maler und Bodenleger, so die Auskunft auf meine Frage. Wir fanden auch viele Schachteln mit chirurgischen Instrumenten und Implantaten, die in die Aufbereitung gebracht wurden, um in weiterer Folge sortiert zu werden. Die Station „Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte“, wie wir es in Europa kennen, entspricht in keiner Weise den kleinsten Anforderungen. Aufgrund der engen räumlichen Verhältnisse ist eine Trennung vom kontaminierten zum reinen Bereich nicht möglich. Es gibt keinerlei technische Ausstattung, um eine effiziente manuelle Desinfektion durchführen zu können. Insbesondere fehlen Wasser und Luftpistolen um die Hohlrauminstrumente zu reinigen und zu trocknen, sowie Messbecher für die Desinfektionsmittelzugabe. Wir haben ganz klein angefangen und das Tragen von Einmalschürzen und Handschuhen bei der Übernahme der kontaminierten Instrumente aus dem OP besprochen und eingeführt. Da es aber nicht genug Schürzen und Handschuhe gibt, müssen diese mehrmals verwendet werden. Es sind zwei Sterilisatoren vorhanden. Einer ist schon seit einem Jahr außer Betrieb und kann aus Geldmangel nicht repariert werden und der zweite arbeitet insuffizient. 134 Grad Celsius wären wunderbar, so steht es auch auf dem Ausdruck, er liegt aber bei über 160 Grad Celsius, denn die Filter und Tücher sind meist verbrannt. Dringende Reparatur durch SterilisationstechnIkerin ist vonnöten. Das Sterile Barriere System, besonders das sogenannte „Sterilisationspapier“ sollte geändert werden, um ein solches tatsächlich zu gewährleisten. Ich zolle dem Team in der Aufbereitung meine Bewunderung, mit so wenig Mitteln doch einigermaßen saubere Instrumente für Operationen an Menschen zur Verfügung zu stellen. Alle meine Änderungsvorschläge wurden angenommen und von Schwester Indira umgesetzt. Sr. Indira und ich wurden auch zur Pflegedirektorin gerufen, um sich unsere Verbesserungsvorschläge anzuhören, das Gespräch fand ich sehr konstruktiv.

Eine Woche lang war Samantha für Übersetzungen ins Portugiesische an meiner Seite, dann hat jeder im Team seine Mehrsprachigkeit unter Beweis gestellt, zehn Sätze auf Portugisisch und fünf französische Wörter meinerseits, mehr französische Wörter, fünf englische Sätzeh vom Team Praia, und viel Pantomime haben uns ein wunderbares, lustiges und freundliches Arbeitsklima beschert. Den größten Teil meines Aufenthaltes habe ich mit dem Sortieren und Beschriften von Schrauben, Implantaten und Instrumenten zugebracht. Nach der fünfzehnten Schachtel habe ich aufgehört zu zählen, beschwerlich war vor allem der Platzmangel. Ich musste ja den Mitarbeitern den Platz wegnehmen, den sie eh dringend für ihre tägliche Arbeit benötigen. Sie haben alles mit großer Freundlichkeit ertragen und mich täglich mit herrlichem Ziegenkäse, Brot und Kaffee verwöhnt. Das Fehlen von Corticalisschrauben des Durchmessers 4,5 und der Länge 36,38,40 hat meinen Ehrgeiz geweckt und als alle im Lager befindlichen Schrauben zusammengeführt waren, ungefähr ein 20 Liter Eimer voll, begann ich mit dem Sortieren und Messen derselben. Leider fand ich keine einzige dieser so dringend benötigten Knochenschrauben. Es gab Augenblicke, da schien mit die Welt ein einziges Gewinde. Dann lenkte ich meinen Blick aus dem Fenster, vor mir eine Bucht und dann nichts weiter als Ozean, herrlich für müde Augen.

Vor meiner Abreise aus Wien teilte mir Dr. Kohlmann den Wunsch der Pflegedirektion mit, einen Vortrag über die Aufbereitung von Medizinprodukten zu halten. Ich habe in Wien eine Powerpointpräsentation in englischer Sprache vorbereitet, die Samantha ins Portugiesische übersetzte. Sie hat wirklich einen guten Job gemacht und ich bin ihr sehr dankbar. Die Pflegedirektorin äußerte den Wunsch über eine Schulung der Mitarbeiter vor Ort. Bevor sie stattfinden kann, muss aber in die Infrastruktur investiert werden. Daher ersuche ich eindringlich alle Sponsoren, die diesen Bericht lesen, mitzuhelfen, dies zu ermöglichen. Es wäre ein Beitrag für ein absolut nachhaltiges Projekt.

Theresa Pao

 

 

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